Effiziente Wasserstoffgewinnung Dienstag, 03.03.2015
Um Energie zu speichern kann man Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufspalten. An der TU Wien wurden nun überraschende Effekte entdeckt, die deutlich effizientere Hochtemperatur-Elektrolyse ermöglichen.
Auf den ersten Blick sieht es ganz einfach aus: Man trennt
Wasser mit Hilfe von elektrischer Spannung in Wasserstoff
und Sauerstoff. Den Wasserstoff kann man dann speichern um
später daraus Energie zurückzugewinnen. Doch wenn man dieses
Prinzip der Wasser-Elektrolyse in der Praxis effizient
ablaufen lassen möchte, braucht man Katalysatoren, an denen
komplizierte chemische Vorgänge ablaufen.
An der
TU Wien
wurde nun entdeckt, dass sich Elektroden aus einem
speziellen Material – einem sogenannten gemischtleitenden
Perowskit – bei der Hochtemperatur-Elektrolyse ganz
untypisch verhalten, wodurch Wasserstoff viel effizienter
produziert werden kann als sonst. Möglich wurde diese
Entdeckung, indem man das Material an der Synchrotron-Anlage
BESSY in Berlin mit Hilfe von Röntgenstrahlung beobachtete
und es so direkt während der chemischen Reaktion in Echtzeit
analysieren konnte.
Auf die Oberfläche kommt es an
„Bei der Elektrolyse kommt es nicht bloß auf die angelegte
elektrische Spannung an, sondern ganz besonders auch auf die
chemische Beschaffenheit der Elektroden-Oberfläche“,
erklären die Elektrochemiker Alexander Opitz und Andreas
Nenning (TU Wien). Benötigt wird ein guter Katalysator – ein
Material, das an seiner Oberfläche die Aufspaltung des
Wassers erleichtert. An der TU Wien beschäftigte man sich
mit Perowskit-Elektroden, die aus Sauerstoff, Lanthan,
Strontium und Eisen aufgebaut sind.
Um genau zu
verstehen, was während der Elektrolyse an der
Perowskit-Oberfläche vor sich geht, wandte das Team eine
ganz besondere Technik an: „Mit Röntgenstrahlen, die an der
Elektrodenoberfläche Elektronen aus dem Material schlagen,
untersuchen wir den chemischen Zustand der
Oberflächenatome.“, erklärt Physikochemiker Christoph
Rameshan (TU Wien).
Erstmals gelang es dem Team
der TU Wien, diese Analysetechnik direkt während des
Elektrolyse-Prozesses durchzuführen und die
Materialveränderung in Echtzeit mitzuverfolgen. „Würden wir
die Oberfläche erst nachher untersuchen, nachdem keine
elektrische Spannung mehr an der Elektrode anliegt, hätte
sich ihr Zustand längst wieder verändert und wir bekämen
völlig andere Ergebnisse“, sagt Andreas Nenning.
Achtung, das Eisen kommt!
Das Experiment wurde am Synchrotron BESSY in Berlin
durchgeführt, wo das Team einen besonders intensiven
Röntgenstrahl mit sehr präzise definierter Energie nutzen
konnte. Gemessen wurde Tag und Nacht, im Schichtbetrieb.
Nach einigen anstrengenden Messtagen beobachtete das Team
etwas Erstaunliches: Aus dem Perowskit treten Eisenatome
aus, die dann an der Oberfläche nicht mehr als
Sauerstoff-Verbindung, sondern in metallischer Form
vorliegen. Gleichzeitig steigt die bei der Elektrolyse
erzeugte Wasserstoffmenge drastisch an – die Elektrode
arbeitet plötzlich viel effizienter. Schaltet man die
Spannung ab, wird das Eisen vom Perowskit wieder
aufgenommen.
„Mit herkömmlichen elektrochemischen
Modellen lässt sich das Verhalten nicht erkären“, so
Alexander Opitz. „Klar ist aber, dass die
Materialveränderungen mit den verbesserten
Katalyse-Eigenschaften des Materials zusammenhängen. Aber ob
die Eisenpartikel, die sich an der Oberfläche bilden, dafür
verantwortlich sind, oder doch die zurückbleibende
Oxidkeramik, das müssen wir erst herausfinden.“
Interdisziplinär zu neuen Energiespeichern
Die Ergebnisse wurden nun im angesehenen Fachjournal
„Angewandte Chemie International Edition“ publiziert. Sie
sind ein wichtiger Schritt für das Verständnis von
Katalyse-Prozessen, die Wasser-Elektrolyse eines Tages zur
effizienten Energiespeichermethode machen sollen. Besonders
für alternative Stromquellen wie etwa Windkraftanlagen, die
nicht zu jeder Zeit gleich viel Strom liefern, wäre
Hochtemperatur-Elektrolyse und ein
Wasserstoff-Energiespeicher eine attraktive Lösung.
Ganz
entscheidend für das Gelingen des Projektes war die
interdisziplinäre Zusammenarbeit unterschiedlicher
Forschungsgruppen: Im vom österreichischen
Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Spezialforschungsbereich
„Functional Oxide Surfaces and Interfaces“ (FOXSI) arbeiten
mehrere renommierte Teams zusammen.
Das Team von
Prof. Jürgen Fleig (TU Wien) lieferte das Know-how für die
elektrochemischen Fragestellungen und den Probenaufbau, die
Forschungsgruppen von Prof. Günther Rupprechter (TU Wien)
und Prof. Bernhard Klötzer (Uni Innsbruck) steuerten die
Expertise für Röntgenspektroskopie und Synchrotronmessungen
bei.
„Nur durch die Verbindung dieser beiden
Gebiete gelang uns, was andere Forschungsgruppen bisher noch
nicht geschafft hatten - nämlich die direkte
spektroskopische Beobachtung von oberflächenchemischen
Prozessen und deren Auswirkung auf elektrochemische
Vorgänge. Diese Kooperation werden wir natürlich auf jeden
Fall weiterführen“, bekräftigt das Team.
Quelle: Technische Universität Wien
Bild: Durch Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und
Sauerstoff ließe sich Alternativenergie speichern.
Copyright: Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA