Kunststoff-Rezyklate stabilisieren Montag, 14.10.2019
Neue Generation von Stabilisatoren für hochwertige Polyolefin-Rezyklate: Fraunhofer LBF und Brüggemann kooperieren.
Ein Thema rückt in jüngster Zeit immer tiefer in das
Bewusstsein vieler Menschen: Der Umgang mit Altkunststoffen.
Klar ist, die energetisch günstigste und umweltfreundlichste
Option dafür ist das werkstoffliche Recycling. Allerdings
weisen Kunststoffe, wenn sie oft viele Jahre ihre Funktion
erfüllt haben, Vorschädigungen durch Umwelteinflüsse wie
Oxidation und Photooxidation auf. Mit der Folge, dass die
Verarbeitungs- und Langzeitstabilität des Kunststoffs
negativ beeinflusst werden, und das stellt wiederum eine
anspruchsvolle Nutzung des Rezyklats in Frage. Forscher am
Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und
Systemzuverlässigkeit LBF, Darmstadt, haben jetzt neue
Stabilisatorsysteme zur Eigenschaftsverbesserung von
Polyolefin-Rezyklaten, insbesondere aus Polypropylen und
Polyethylen, entwickelt. Die neuen Stabilisatorsysteme für
Polyolefine sind wegweisend, wenn es darum geht, das
Potenzial dieser Kunststoffe länger und effizienter zu
nutzen. Sie werden die Auswirkungen von Schädigungen gezielt
und signifikant verringern, so dass sich die damit
hergestellten Rezyklate erneut für die Verarbeitung zu
anspruchsvollen Produkten eignen. Bei der aktuell laufenden
Weiterentwicklung arbeitet das Fraunhofer LBF eng mit der
Heilbronner L. Brüggemann GmbH & Co. KG zusammen, einem
führenden Hersteller maßgeschneiderter Hochleistungsadditive
für technische Kunststoffe, der auch die Produktion und den
weltweiten Vertrieb übernehmen wird.
Aus der Entwicklung schnell in den Markt
Das Fraunhofer LBF hat sein umfangreiches Know-how
zur Wirkung von Kunststoff-Additiven, wie Antioxidantien,
Lichtschutz-, Flammschutz- und Nukleierungsmittel, jetzt für
die besonderen Herausforderungen von Rezyklaten genutzt.
Stand der Technik war dabei die Nachstabilisierung, das
heißt der Ersatz der im ersten Leben verbrauchten
Stabilisatoren. Traditionell wirken diese allerdings
unspezifisch – sie unterscheiden nicht zwischen Neuware und
Rezyklat. Dem gegenüber haben die neuen Stabilisatorsysteme
aufgrund ihrer speziellen Reaktivität das Potential,
Vorschädigungen komplett zu kompensieren. So erlauben sie
die gezielte Additivierung, um Rezyklate mit neuwaregleicher
Verarbeitungs- und Langzeit-Wärmestabilität zu erhalten.
Dabei basieren die neuen Systeme anteilig auf nachwachsenden
Rohstoffen und tragen so zusätzlich zu einem reduzierten
CO2-Eintrag in die Umwelt bei.
Dass das
Entwicklungsziel in kurzer Zeit erreicht werden konnte, ist
auch dem kürzlich ins Leben gerufenen Forschungscluster
„Circular Plastics Economy“ zu verdanken. Über
Branchengrenzen hinweg entwickeln hier fünf Institute der
Fraunhofer-Gesellschaft gemeinsam mit ihren Stakeholdern
Systemleistungen für eine funktionierende zirkuläre
Kunststoffwirtschaft, die von Prototypen über das Recycling
bis zu Akzeptanzprozessen und Geschäftsmodellen reichen.
„Mit
seiner langjährigen und umfassenden Erfahrung im Bereich der
Kunststoffadditive und seiner weltweiten Marktdurchdringung
ist Brüggemann für uns der richtige Partner, um unsere Ideen
für das Upcycling von Kunststoffen jetzt auch rasch zur
Marktreife zu bringen“, unterstreicht Dr. Rudolf Pfaendner,
Bereichsleiter Kunststoffe am Fraunhofer LBF. Aufbauend auf
den Entwicklungsarbeiten des Fraunhofer LBF wird Brüggemann
sein Know-how und sein technisches Potenzial einsetzen, um
Rezepturen gemeinsam mit dem Fraunhofer LBF
anwendungsspezifisch zu optimieren. Das Unternehmen wird die
zu entwickelnden Verkaufsprodukte auf die Anforderungen der
Kunden und Märkte anpassen, anwendungstechnisch beraten und
die großtechnische Herstellung, die Qualitätssicherung sowie
die weltweite Vermarktung übernehmen.
Bestens auf die Produktion und Vermarktung vorbereitet
Traditionell setzt Brüggemann einen Schwerpunkt bei
Hochleistungsadditiven für Polyamide, darunter Hitze-,
Verarbeitungs- und Lichtstabilisatoren, Prozesshilfsmittel
und Modifikatoren. Unter der Marke BRÜGGOLEN® vertrieben,
sorgen diese im Spritzguss ebenso wie in der Extrusion für
Verarbeitungseffizienz, erhöhte Bauteil-Lebensdauer und hohe
Qualität zu wirtschaftlichen Bedingungen. Aufgrund der
abzusehenden erheblichen Nachfragesteigerung baut das
Unternehmen derzeit eine hochautomatisierte
Produktionsanlage, die nach ihrer Fertigstellung deutlich
erweiterte Kapazitäten bereitstellen wird. Als Basis für
eine weltweite Vermarktung wird dort dann auch die
Herstellung der neuen Additive für das Polyolefinrecycling
integriert sein.
Dazu Dr. Klaus Bergmann,
Bereichsleiter Kunststoffadditive bei Brüggemann: „Stetige
Weiterentwicklung ist eine wesentliche Basis unseres
Unternehmenserfolges. Wir sind sehr gerne die Kooperation
mit dem Fraunhofer LBF eingegangen, um gezielt unser
Portfolio von Recyclingadditiven auf Polyolefine zu
erweitern. Letztlich ist es unser Ziel, mit Hilfe
innovativer Additive die Qualität von Rezyklaten deutlich
anzuheben und damit einen wichtigen Beitrag zu leisten für
ein verstärktes Up-Cycling von Kunststoffabfällen.“
Bereits
zur K2019, die vom 16. bis 23. Oktober in Düsseldorf
stattfindet, stellt Brüggemann auf Stand D08 in Halle 8a
reaktive Kettenmodifikatoren für Polyamidrezyklate vor, die
präzise und robust die für die jeweilige Anwendung
gewünschte Einstellung der Molmassen und Viskositäten
ermöglichen. Dabei reichen jeweils bereits geringe
Additivmengen und ein einziger Extrusionsschritt aus, um
Rezyklate herzustellen, deren Gebrauchseigenschaften auf
Neuwareniveau liegen.
Das Fraunhofer LBF und der
Circular Plastics Economy Cluster finden sich auf der K2019
in Halle 7 am Stand SC01.
Bild: Fraunhofer LBF - Rezyklatstabilisatoren, ein Puzzelteil bei der Compoundierung von Kunststoffen.