Effizientere Fertigungstechnologie Mittwoch, 22.01.2020
Integrierte Sensoren sichern und überwachen Herstellung dickwandiger CFK-Strukturen
Wie wirksam faseroptische Sensoren sind, um die Prozesse während der Herstellung großer Faserverbundbauteile im Vakuuminfusionsverfahren zu überwachen, zeigt „Infusion 4.0“, ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördertes Projekt. Das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF hat zusammen mit dem Projektpartner MT Aerospace AG bislang versteckte Prozessabschnitte sichtbar und digital kontrollierbar gemacht, was die Prozesssicherheit erhöht. Diese neue, effiziente Fertigungstechnologie unterstützt die zuverlässige und schnelle Entwicklung von Luft- und Raumfahrtprodukten.
Mit CFK-Boostergehäusen fertigt die MT Aerospace AG in
Augsburg große CFK-Bauteile (carbonfaserverstärkter
Kunststoff) in der Raumfahrt im Vakuuminfusionsverfahren.
Bei der Vakuuminfusion wird eine trocken gewickelte Vorform
in einem Vakuumsack durch Harz infiltriert, und
währenddessen werden die Elemente in einem Ofen langsam
gedreht. Um die Fließfront des einströmenden Harzes zu
überwachen und Prozesse zu optimieren, wird eine
intelligente Sensorik benötigt. Wissenschaftler aus dem
Fraunhofer LBF bringen zu diesem Zweck mit dem
Industriepartner Glasfasersensoren bereits beim Wickeln in
das Bauteil ein, die dann in diesem wichtigen
Fertigungsschritt die Harzverteilung kontrollieren.
Eine zentrale Rolle spielt der digitale Zwilling
Jede Sensorfaser enthält mehrere der insgesamt über
60 Glasfasersensoren. Die Fließfront ist die Linie, an der
das Harz zuerst mit den trockenen Fasern in Kontakt kommt.
Für die Prozessüberwachung der digitalen
Durchflussfronterkennung müssen die Signale vom rotierenden
Teil im Ofen an einen Computer außerhalb übertragen werden.
Dort zeigt eine digitale Darstellung der Sensorposition auf
dem Bauteil, wann die Fließfront den Sensor erreicht.
»Erstmals erhalten wir im Herstellungsprozess solch
dickwandiger Teile transparente Informationen und erhöhen
die Prozesssicherheit von Vakuuminfusionsprozessen«, erklärt
Martin Lehmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fraunhofer
LBF.
Die neue Fertigungstechnologie macht bislang
versteckte Prozesse sicht- und digital kontrollierbar, was
die Prozesssicherheit erhöht. Der Informationsgewinn durch
die Automatisierung des Harzflusses sichert die
Reproduzierbarkeit und die Qualität des neuen Produktes und
ermöglicht bei Bedarf ein gezieltes Eingreifen noch während
der Fertigung. Dank verbesserter Steuerung lässt sich der
Serienhochlauf beschleunigen, was die Wettbewerbsfähigkeit
des Unternehmens steigert.
Integrierte Sensoren monitoren Fließfrontprozess und
senken Fertigungskosten
Darüber hinaus kann die neue Technologie eine künftig
automatisierte Steuerung des Fertigungsprozesses im Sinne
von Industrie 4.0 ermöglichen, und dank integrierter
Sensoren lässt sich eine Strukturüberwachung (Structural
Health Monitoring - SHM) bereits ab der frühesten Phase des
Lebenszyklus realisieren.
In einem Wettbewerb
erreichte die Projektidee von „Infusion 4.0“ bereits 2017
den dritten Platz der Innospace Masters Challenge des
Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und war
Finalist beim Innovationspreis der Deutschen Luftfahrt 2018,
was den Forschungsbedarf in diesem Umfeld aufzeigte. Der
erfolgreiche Projektabschluss im Oktober 2019 bestätigte die
Herangehensweisen der Darmstädter Wissenschaftler und ihrer
Augsburger Kollegen.
Das Projekt „Infusion 4.0 -
Fließfronterkennung im Vakuuminfusionsprozess eines
CFK-Boostergehäuses mit faseroptischen Sensoren“ wurde laut
Beschluss des Deutschen Bundestages vom Bundesministerium
für Wirtschaft und Energie gefördert.
Ein Video zum
Projekt gibt es unter www.lbf.fraunhofer.de/infusion40 und ein Interview unter https://www.innospace-masters.de/de/fliesfronterkennung-mit-faseroptischen-sensoren-im-rotierenden-infusionsprozess-groser-cfk-bauteile/
Foto: Fraunhofer LBF - Ein „CFK-Boostergehäuse“, gefertigt mittels digitalisiertem Vakuuminfusionsprozess, wurde erstmals auf dem Deutschen Luft- und Raumfahrtkongress in Darmstadt, 30. September bis 1. Oktober 2019 präsentiert.
AK
10.1.20