BDI-Studie der Transformationspfade

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) legt eine Studie zu Transformationspfaden vor, erstellt durch die Boston Consulting Group (BCG) und dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Rund ein Fünftel der industriellen Wertschöpfung in Deutschland ist bedroht, so das Ergebnis.

Demnach belasten u.a. langfristig hohe Energiepreise, Arbeitskräftemangel, zu viel Bürokratie, mangelnde Investitionen und hohe Steuern den Standort im internationalen Vergleich. Die Studie analysiert die Standortbedingungen für Industrie und industrienahe Dienstleistungen detailliert und zeigt konkrete Pfade zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit und Sicherung der Zukunft des Industriestandorts auf – Auszug:

  • Der Industriestandort Deutschland fällt bei zwei Dritteln der wichtigsten Standortindikatoren hinter relevante Wettbewerber zurück, z. B. bei Energiepreisen, Infrastruktur, Digitalisierung. Hier liegt einer der größten Hebel für die Politik.
  • 20 % der Industriewertschöpfung stehen unter enormen Druck. Gleichzeitig eröffnet die Transformation neue Wachstumschancen.
  • Die industrielle Basis muss gesichert werden. Konkret z. B. durch wettbewerbsfähige Stromkosten, Stärkung der Kreislaufwirtschaft sowie die deutliche Erleichterung von bürokratischen und steuerlichen Lasten.
  • Bei allen Lösungsansätzen müssen Anwendbarkeit und Umsetzbarkeit, v. a. für mittelständische Unternehmen, mitgedacht werden.

Neue Balance zwischen Ökologie und Ökonomie finden

Technologisch bleibt die Dekarbonisierung auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 möglich und machbar, doch im von der Politik angepeilten Zeitplan wird ihre Umsetzung täglich unrealistischer. Die Transformationspfade-Studie sei ein lauter Weckruf der Industrie für dringend notwendige Veränderungen im Land. Sie stelle fundiert dar, welchen Realitäten sich die Politik stellen muss: Politisches Mikromanagement und fehlender marktwirtschaftlicher Reformwillen lähme die Unternehmen. Das Risiko einer De-Industrialisierung durch die stille Abwanderung und Aufgabe gerade vieler Mittelständler nehme kontinuierlich zu und sei teils schon eingetreten. Um den Standort international fit zu machen und die grüne und digitale Transformation zu schaffen, müsse die Politik ihre industriepolitische Agenda neu ausrichten. Im Kern müsse diese Agenda mit dem Dreiklang aus ökologischem Fortschritt, ökonomischer Wettbewerbsfähigkeit und technologischer Offenheit Ernst machen und den in vielen Zukunftsbranchen global führenden deutschen Unternehmen Entfaltungs- und Wachstumschancen eröffnen, statt Hindernisse in den Weg zu legen.

Strukturelle Probleme bremsen Industrie aus

Die Analysen von BCG und IW zeigen: Es sei vor allem die Summe struktureller Probleme, die den Wirtschaftsstandort ausbremst, und schnelle Konjunkturprogramme seien keine Lösung dafür. Die im internationalen Vergleich wenig attraktiven Rahmenbedingungen am Standort hätten dazu geführt, dass sowohl öffentliche als auch private Investitionen in Deutschland in den vergangenen 30 Jahren deutlich unter den Investitionsquoten in anderen Industrieländern lagen. Das Ergebnis seien Defizite im Glasfaserausbau, dem Bildungsniveau und der Verkehrsinfrastruktur. Hohe Energiepreise und aufwändige bürokratische Berichtspflichten würden Kapital und andere Ressourcen binden, die für Investitionen und Innovationen fehlen.

Die Standortanalyse verdeutliche, dass die Industriesektoren in Deutschland durch enge Lieferbeziehungen und andere Abhängigkeiten stark verflochten sind. Durch diese Verflechtung könne in Krisensituationen die Schwäche einer einzelnen Branche die Wertschöpfung schneller in der Breite gefährden. Statt als Bremsklotz sollte Regulierung als Wegbereiter für die Entwicklung von Innovationen verstanden werden. Wo immer möglich sollten europäische Lösungen gefunden, neue Importpartnerschaften geschlossen und die Verteidigungsfähigkeit des Landes gestärkt werden. Das reduziere internationale Abhängigkeiten, stärkt Resilienz und Fortschritt.

Die Studie identifiziert 15 notwendige Handlungsfelder, um die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, die industrielle Basis zu sichern und Wachstum zu beschleunigen. Die Zeiten für kleinteilige Regulierung, politische Feinsteuerung und vage Absichtserklärungen seien vorbei.

Detaillierte Analysen von Schlüsselindustrien  

Um ein detailliertes Bild zur Industrietransformation zu erhalten, haben die Autoren sieben Schlüsselindustrien unter die Lupe genommen. Eine große Chance für Deutschland sehen die Autoren vor allem in grünen und digitalen Technologien – hier rechnen sie damit, dass bis 2030 ein Weltmarkt von jährlich mehr als 15 Billionen Euro entsteht. Deutschland habe vor allem in den Bereichen Klimatechnologien, industrielle Automatisierung und Gesundheit eine gute Ausgangssituation.

Weiterführende Informationen: 

Presseerklärung des BDI vom 10.09.24

AK
22.9.24