Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass harmonisierte technische Normen (HTN) / Standards Teil des EU-Rechts sind und deshalb frei und kostenlos zugänglich sein müssen (Urt. v. 05.03.2024, Az. C-588/21 P).
Die Union gründe sich auf den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit. Dieser verlange einen freien Zugang zum Unionsrecht für alle natürlichen und juristischen Personen der Union sowie die Möglichkeit für den Einzelnen, seine Rechte und Pflichten eindeutig erkennen zu können.
Wenn eine Unionsvorschrift vorsieht, dass die Einhaltung eines harmonisierten Standards dazu führt, dass die Konformität mit den wesentlichen Anforderungen dieser Vorschrift vermutet wird, bedeute dies folglich, dass jede natürliche oder juristische Person, die diese Vermutung in Bezug auf ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung erfolgreich nutzen oder anfechten möchte, nachweisen müsse, dass das Produkt oder die Dienstleistung die Norm erfüllt oder nicht.
Konkret ging es um die Standards EN 71‑5:2015 „Sicherheit von Spielzeug – Teil 5: Chemisches Spielzeug (Sets) ausgenommen Experimentierkästen“, die Norm EN 71‑4:2013 „Sicherheit von Spielzeug – Teil 4: Experimentierkästen für chemische und ähnliche Versuche“, die Norm EN 71‑12:2013 „Sicherheit von Spielzeug – Teil 12: N-Nitrosamine und N-nitrosierbare Stoffe“ und die Norm EN 12472:2005 + A 1:2009 „Simulierte Abrieb- und Korrosionsprüfung zum Nachweis der Nickelabgabe von mit Auflagen versehenen Gegenständen“.
Der Grundsatz dürfte für alle EU-Recht konkretisierenden Standards gelten. Konkretisierend ist ein Standard dann, wenn die Unionsvorschrift den Standard benennt, um eingeräumte Rechte oder obliegende Pflichten näher zu bestimmen.
Ein eventuell bestehender urheberrechtlicher Schutz stünde dem Recht auf Zugang nicht entgegen. Das überwiegende öffentliche Interesse folge aus dem Transparenzgrundsatz der EU, der untrennbar mit dem Grundsatz der Offenheit verbunden sei.
Das Urteil könnte die Arbeit von DIN und DKE maßgeblich verändern. Bislang finanzieren sich beide durch den Verkauf des Zugangs zu den Standards.
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AK
25.9.24