Thermochemische Aufbereitung von Kunststoffresten zu Graphit

Vor Kurzem startete das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) das zukunftsweisende Projekt „CarbonCycle“: Erprobt wird ein innovativer Hochtemperaturprozess, der es ermöglichen soll, bisher nicht recycelbare Verarbeitungs- und Produktionsreste aus der Kunststoffindustrie thermochemisch in ein wasserstoffreiches Gas und eine feste Kohlenstofffraktion zu zerlegen.

Im Gegensatz zu einer State-of-the-Art Kunststoff-Pyrolyse liegt bei der Hochtemperatur-Drehrohrthermolyse der Fokus nicht auf der Erzeugung von Pyrolyse-Öl, sondern auf festem Kohlenstoff/Graphit. Unter Sauerstoffausschluss wollen die Wissenschaftler am ZSW Kunststoffe bei bis zu 900 °C erstmalig in eine feste, reine Kohlenstofffraktion und in ein wasserstoffreiches Gas umwandeln. Das wasserstoffreiche Gas kann perspektivisch ähnlich wie sogenannter türkiser Wasserstoff aus der Methanpyrolyse als CO2-armes Brenngas in industriellen Prozessen eingesetzt werden. Im Vergleich zur Methanpyrolyse werden für die gleichen Endprodukte, Wasserstoff und fester Kohlenstoff, jedoch deutlich geringere Temperaturen, weniger Energie und kein fossiles Erdgas als Rohstoff benötigt.

Ziel ist die Erzeugung eines Kohlenstoffprodukts hoher Reinheit im Technikumsmaßstab, das Dank seiner strukturellen Eigenschaften zu Aktivmaterialien für den Einsatz in Batterien weiter aufbereitet werden könnte. Im Rahmen des Projektes soll die gesamte Prozesskette bis zu einer Batterie im Labormaßstab abgebildet werden. Die enge Kooperation mit Industriepartnern ermöglicht eine schnelle Überführung der Forschungsergebnisse in die praktische Anwendung. Das ZSW erhält für die dreijährige Projektdauer eine Förderung in Höhe von rund 1 Mio. € vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).

Kohlenstoff ist, insbesondere in Form von Graphit, eine essentielle Komponente heutiger Batterien für Elektrofahrzeuge. Etwa 80 % der weltweiten Graphitproduktion entfällt auf China. Graphit wird in der EU als kritischer Rohstoff gelistet und der Bedarf wird weiter zunehmen: Denn nach Schätzungen des ZSW wird allein die jährliche Nachfrage nach Graphit für den Markthochlauf der Elektromobilität von zuletzt knapp 1 Mio. Tonnen auf 3 bis 4 Mio. Tonnen im Jahr 2030 ansteigen. Die im Projekt CarbonCycle eingesetzte Hochtemperatur-Drehrohrthermolyse bietet deshalb eine große Chance zur Etablierung resilienter, leistungsfähiger Rohstoffkreisläufe – und das mit dem Ziel die CO2-Emissionen so weit wie möglich zu reduzieren.

Das Projekt bildet die komplette Prozesskette ab und bezieht sämtliche Stakeholder ein: von der Kunststoff-Industrie als Rohstoff-Lieferant über die innovative Hochtemperatur-Technologie zur Erzeugung des Kohlenstoffprodukts bis hin zu deren unmittelbaren Veredelung und Verarbeitung als Sekundär-Rohstoff in der Batteriefertigung. Ergänzend werden weitere wichtige Aspekte wie die Entwicklung von Verwertungsstrategien, Wirtschaftlichkeitsanalysen und der CO2-Footprint beleuchtet. Das ZSW arbeitet in dem Vorhaben mit dem Projektpartner Akkodis zusammen. Die Unternehmen Südpack, GRAF, Alleima und Schwenk partizipieren als assoziierte Projektpartner. Ziel ist ein langfristiger und umfassender Kompetenzaufbau und ein Technologietransfer in die Wirtschaft zur Umsetzung der nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie.

Pressemitteilung des ZSW vom 29. April 2025

Bild: ZSW_Hochtemperatur-Testumgebung zur Prozessentwicklung im Technikum des ZSW mit Abgasnachbehandlung, verschiedenen Probenahmesystemen und umfangreicher Messtechnik.

AK
6.5.25