Dralon Lingen wird geschlossen

Hohe Energie- sowie Personalkosten, Umweltauflagen sowie aktuell steigende Rohstoffpreise machen eine Herstellung in Europa unrentabel.

Die Standorte des insolventen Acrylfaserherstellers Dralon GmbH in Dormagen und Lingen (Ems) werden geschlossen. Hintergründe der Entscheidung sind, dass der bisherige Haupt-Rohstofflieferant eine weitere Belieferung ab Anfang 2022 zu den bisherigen Konditionen ausschließt sowie auch aufgrund dessen der Rückzug von potenziellen Investoren. „Wir bedauern diesen Schritt und die Entscheidung ist uns sehr schwergefallen, aber wir haben letztendlich keine Wahl. Weder lassen sich die erforderlichen Mengen zu konkurrenzfähigen Preisen beschaffen noch können wir die Mehrkosten an unsere Kunden weitergeben. Somit würde die Dralon auch langfristig nicht kostendeckend wirtschaften können, was aber eine Voraussetzung für eine Fortführung ist. Deshalb werden die beiden Werke nach einer Ausproduktion spätestens Ende dieses Jahres schließen“, erklärt Stefan Braun, Geschäftsführer der Dralon. Betroffen von der Stilllegung sind 287 Arbeitsplätze im Dormagener Chemiepark und 171 Arbeitsplätze in Lingen. Mit dem Betriebsrat und der IG BCE wird in den nächsten Wochen über einen Sozialplan und Interessenausgleich verhandelt. „Gerade unsere Mitarbeitenden und der Betriebsrat haben immer wieder konstruktiv an tragfähigen Lösungen gearbeitet und werden es hoffentlich auch in der Ausproduktion weiterhin tun. Ich bin sehr optimistisch, dass sie schnell einen neuen Arbeitsplatz finden werden, da sie gut aus- und fortgebildet sind. Bei der Stellensuche werden wir sie intensiv begleiten“, meint Stefan Braun. Haupt-Rohstofflieferant kürzt Mengen und schließt Vertragsverlängerung aus Dralon hatte Anfang August 2020 ein Schutzschirmverfahren beantragt, um die Kostenstrukturen eines deutschen Standortes in einem internationalen Commodity-Markt in den Griff zu bekommen. Die meisten Wettbewerber der Dralon sitzen in China, Indien, Südostasien und der Türkei. Wesentliches Verkaufsargument ist der Preis, insbesondere für die Kunden aus dem Bereich Fashion. Hohe Energie- sowie Personalkosten, Umweltauflagen sowie aktuell steigende Rohstoffpreise machen eine Herstellung in Europa allerdings unrentabel. Seit Dezember haben darüber hinaus Beschaffungsprobleme die Situation bei Dralon trotz der vielen umgesetzten Sanierungsmaßnahmen zugespitzt. So kürzte der Haupt-Rohstofflieferant seine Liefermenge wegen eines Anlagenausfalls seit Dezember 2020 um bis zu 40 Prozent. „Der Markt für den Rohstoff Acrylnitril ist derzeit leergekauft und die Notierungen steigen durch die Decke. Somit mussten wir seit Jahresbeginn unsere Produktion drosseln. Wann eine 100-prozentige Versorgung wieder gewährleistet werden kann, die den profitablen Betrieb der Dralon ermöglicht, ist auch heute noch völlig offen“, so Braun. Die weitere Entscheidung des Hauptlieferanten, Dralon ab nächstem Jahr mit Acrylnitril nicht mehr zu den bisherigen Konditionen zu beliefern, schreckt auch die Investoren ab. „Trotz intensiven Bemühungen ist derzeit kein nationaler oder internationaler Käufer bereit, das Unternehmen weiterzuführen. Die langen Zahlungsziele im Ausland, die erheblichen Vorräte und die steigenden Einkaufspreise erfordern einen hohen Investitionsbedarf in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe. Das führt zu einer Zurückhaltung bei den Investoren. Wir gehen nicht davon aus, dass noch ein Verkauf zu Stande kommt“, erklärt Sanierungsberater Tillmann Peeters, Generalbevollmächtigter der Dralon. Technikum für Carbonfaser Precursor Das Unternehmen entwickelt aktuell ein technisch wie auch preislich konkurrenzfähiges Vorprodukt für Carbonfasern. Es ist beabsichtigt, diesen Bereich im Rahmen eines Technikums mit deutlich kleinerer Mannschaft weiterzuentwickeln. Die Signale aus der Abnehmerindustrie sind positiv für die Produkte. Allerdings sind die Mengen im Vergleich zum Absatz von textilen Acrylfasern überschaubar, sodass vielleicht ein kleinerer Bereich gehalten werden kann. Investorenprozess bei Dolan läuft positiv Positiv entwickelt sich der Verkaufsprozess bei der Dolan GmbH in Kelheim, die sich in einem Nischenmarkt für Acrylfaser-Produkte positionieren konnte. Die profitable Dralon- Tochter ist nicht Teil des Insolvenzverfahrens und von den Standortschließungen nicht betroffen. „Der M&A-Prozess läuft sehr vielversprechend. Wir gehen davon aus, dass wir den Verkauf zeitnah und mit dem Erhalt der Arbeitsplätze in Kelheim beenden können“, so Tillmann Peeters. Dolan produziert durchgefärbte Acrylfasern, die im Outdoorbereich für Markisen, Gartenmöbel und Cabrio-Verdecke sowie im Indoor-Bereich für Polster verwendet werden. Das Unternehmen profitiert derzeit von den Auswirkungen der Pandemie. „Da die Menschen nicht verreisen können, wird mehr Geld in die Wohnung oder in den Garten investiert. Die Auftragsbücher bei der Dolan sind deshalb gut gefüllt“, erklärt Peeters.

AK
10.3.21