Fachkräftemangel in Europa – BUSINESSEUROPE Studie

Die Dachorganisation der europäischen Arbeitgeberverbände, BUSINESSEUROPE, hat eine Publikation zum Fachkräftemangel in Europa veröffentlicht. Mit dem Titel „Plugging the skills gap – The clock is ticking“ verweist die Publikation auf die Situation in Europa und leitet Handlungsempfehlungen an die Wirtschaft, Akteure auf europäischer Ebene, nationale Regierungen und deren Bildungssektoren ab. Das Angebot an Fachkräften sinkt nicht nur aufgrund des demografischen Wandels, sondern vor allem weil es nicht gelingt, genügend junge Menschen für eine MINT-Karriere zu begeistern sowie Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen.

Im Folgenden finden Sie einen Überblick über die Hauptaussagen.Aktuelle SituationDer Fachkräftemangel ist nicht nur für Deutschland ein dringendes Problem, sondern für Europa insgesamt. Deutschland wies im April 2011 eine Lücke von 140.000 sogenannten MINT-Kräften auf (MINT = Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Großbritannien wird den voraussichtlichen Bedarf von 775.000 Fachkräften im Jahr 2014 ebenfalls nicht decken können. In Österreich berichten 77 Prozent der Unternehmen von Schwierigkeiten bei der MINT-Stellenbesetzung und 28 Prozent der Unternehmen in Belgien stellen bereits weniger geeignete Bewerber ein, um ihre Stellen zu besetzen. Die Situation wird sich zuspitzen: Das Angebot an Fachkräften sinkt auf Grund des demografischen Wandels – und weil es nicht gelingt, genügend junge Menschen für eine MINT-Karriere zu begeistern sowie Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Gleichzeitig steigt die Nachfrage. Ein wachsender Mangel an Fachkräften droht Europa daran zu hindern, globalen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen.Handlungsempfehlungen an die WirtschaftEine umfassende Begleitung der MINT-Bildung seitens der Wirtschaft wird dringend empfohlen: Nur die Unternehmen selbst können den praktischen Kontext zur theoretischen Ausbildung bieten. Sie können aus der Praxis heraus zum MINT-Unterricht beitragen, Karrierewege aufzeigen und abschreckende Mythen gezielt aufklären. Weitere Kooperationsmöglichkeiten bestehen in der gemeinsamen Nutzung von technischer Ausstattung oder einer innovativen Zusammenarbeit im Bereich lebenslangen Lernens für Lehrerinnen und Lehrer. Es gilt, Kontakte zwischen Unternehmen und Bildungseinrichtungen aufzubauen und zu intensivieren. Somit kann ein Beitrag zum Abbau von Skepsis und Berührungsängsten geleistet werden. Unternehmen sollten dabei eine aktive Rolle einnehmen und klar vermitteln, welche Erwartungen an die Kompetenz von Absolventen gestellt werden.Handlungsempfehlungen an die nationalen Regierungen und die BildungssektorenIn Zeiten knapper öffentlicher Budgets ist es notwendig, MINT-Fächer zu priorisieren, um so für eine hohe Qualität der MINT-Ausbildung zu sorgen. Die Qualität des MINT-Unterrichts sollte auf allen Ebenen angehoben werden, von der frühkindlichen bis zur hochschulischen Bildung. Ein wichtiger Schritt besteht darin, die Lehrerausbildung zu verbessern und Lehrmethoden zu modernisieren. Gleichzeitig müssen Rahmenbedingungen für eine enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Bildungsinstitutionen gesetzt werden, wie beispielsweise durch vereinfachte Prozedere zur Vergabe von Praktika oder zum Mitspracherecht der Unternehmen in Gremien der Bildungsinstitution. Nur so ist es möglich, die notwendige stärkere Ausrichtung der Lehrinhalte an der Arbeitsmarktsituation zu erreichen.Handlungsempfehlungen an alle Akteure auf europäischer EbeneUm Europas globale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, müssen europäische Fachkräfte deutlich stärker als bisher an der „Global Brain Circulation“ partizipieren. Aktuell stammen beispielsweise nur 3 Prozent der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem nicht-europäischen Ausland und nur 2,4 Prozent der Europäer leben in einem anderen europäischen Land. Um die Mobilität zu unterstützen, müssen Programme wie ERASMUS und das Marie-Curie-Programm ausgebaut und organisatorisch vereinfacht werden. Der Wissenstransfer zwischen Mitgliedsstaaten, Wirtschaft und der akademischen Welt bedarf einer deutlich intensivierten Koordination aller Akteure.BewertungDie Publikation stellt die Situation in Europa anschaulich dar, bietet Best-Practice-Beispiele und verweist auf den Erfolg bisheriger Initiativen der Wirtschaft, wie die französische Initiative „C. Genial“, das Projekt „Science Team K“ aus Dänemark oder die deutsche Initiative „MINT Zukunft schaffen“ (www.mintzukunftschaffen.de). Die Empfehlungen unterstreichen durchgängig die große Bedeutung einer verstärkten Kooperation zwischen Wirtschaft und Bildungssektor auf nationaler und supranationaler Ebene.