Kunststofftagung der Hochschule Osnabrück

Smart Materials und intelligente Verarbeitungsprozesse im Fokus.

Smart Materials und intelligente Verarbeitungsprozesse standen im Mittelpunkt der 19. Fach­tagung „Fortschritte in der Kunststofftechnik – Theorie und Praxis“, die am 28./29. Juni an der Hochschule Osnabrück stattfand. Organisiert wurde die Tagung vom Laborbereich Kunststofftechnik, die am Vorabend der Hauptveranstaltung mit einem bunten Programm eröffnet wurde. Dabei konnten sich die Teilnehmer über aktuelle Forschungsprojekte infor­mieren und die begleitende Fachausstellung besuchen. Bei einem kleinen Imbiss mit mu­sikalischer Begleitung konnten die Tagungsteilnehmer in lockerer Atmosphäre mit Stu­die­renden und wissenschaftlichen Mitarbeitern in der Posterausstellung über For­schungs­er­gebnisse diskutieren, sich in der Fachausstellung über neue Geräte informieren oder ganz einfach in Gesprächen untereinander austauschen. Nach der Begrüßung der Teilnehmer durch den Präsidenten der Hochschule, Prof. Dr. Andreas Bertram, wurde die Vortragsveranstaltung am 29.6. durch einen Beitrag von Dr. Hart­mut Krüger (Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung, Potsdam) über Konzepte und Entwicklungs­stand von Smart Materials auf Basis dielektrischer Elastomere eröffnet. Neben den grund­legenden Zusammenhängen und aktuellen Forschungsergebnissen zeigte Herr Dr. Krüger auch einige Anwendungen auf, in denen diese Werkstoffe bereits heute in Produkten auf dem Markt zu finden sind. Die Entwicklung ist jedoch bei weitem noch nicht abgeschlossen und bietet noch viel Forschungsbedarf, insbesondere im Bereich der Verarbeitungs- und Her­stel­lungs­tech­nologien. Prof. Dr. Klaus Heinemann (Thüringisches Institut für Textil- und Kunst­stoff-For­schung, Rudolstadt) zeigte in seinem Vortrag vielfältige Möglichkeiten auf, wie Polymere durch smarte Additive modifiziert werden können, um als funktionalisierte Kunst­stoff­-Fasern in Textilien z.B. Sensorfunktionen für Kräfte, Temperaturänderungen und Feuchtigkeit übernehmen zu können. In Zukunft werden diese Materialien z.B. bei „Smart Home“ – An­wen­dungen sicher eine wichtige Rolle spielen.Die Herstellung von Hart-/Weich­verbunden im 2-Komponenten – Spritzgießverfahren ist nach wie vor ein hochaktuelles Thema und beinhaltet großes Innovationspotenzial. Welche Anfor­de­run­gen von Seiten der Anwender an die Weichkomponenten aus Flüssig-Silikon (LSR) und Thermoplastischen Elastomeren (TPE) gestellt werden, zeigte Dr. Matthias Musialek (Robert Bosch GmbH) auf, während von Seiten der Rohstoff­hersteller Heiko Bayerl (Momentive GmbH) und Dr. Stefan Zepnik (Albis Plastic GmbH) innovative LSR bzw. TPE vorstellten und dabei insbesondere auch die Haftung zu polaren Substraten, wie z.B. Polyamid, eingingen. Abgerundet wurde das Thema Werkstoffe durch einen Beitrag von Dr. Dirk Weinrich (BASF Polyurethanes), der Einblick in ein neuartiges, nanoporöses Material vermittelte, das unter der Handelsbezeichnung Slentite® als Hochleistungs­dämm­platte auf den Markt gebracht werden soll.  Im Themenbereich Analytik wurden von Dr. Michael Soll (Frontier Laboratories Ltd.) die Möglichkeiten der Pyrolyse-Gaschromatographie/Massenspektrometrie zur Charakterisierung von Polymeren sehr eindrucksvoll aufgezeigt. Selbst kleinste Materialproben sind dabei für eine umfassende Materialanalyse ausreichend, wodurch diese Methode in vielen Bereichen einsetzbar ist. Die Bestimmung der Restfeuchte bei der Verarbeitung von Kunststoffen ist nach den Ausführungen von Tobias Nabbefeld (Brabender Messtechnik GmbH) ein Muss, um qualitativ hochwertige und fehlerfreie Bauteile zu produzieren. In seinem Vortrag wurde dazu eine neue Methode im Vergleich zu herkömmlichen Methoden aufgezeigt. Dass es nicht nur smarte Werkstoffe, sondern auch intelligente Verfahren gibt, wurde im weiteren Verlauf der Veranstaltung an drei Beispielen aufgezeigt. Mit Hilfe der variothermen Prozessführung, bei der die Werkzeugtemperatur innerhalb eines Zyklus in weiten Bereichen verändert wird, lassen sich nach den Ausführungen von Dieter Kremer (Wittmann-Battenfeld GmbH) im Vergleich zur herkömmlichen Prozessführung deutliche Verbesserungen in Bezug auf Oberflächenqualität und Bindenähte erzielen. Prof. Dr. Brando Okolo (Apium Additive Technologies GmbH) befasste sich in seinem Vortrag mit dem sehr anspruchsvollem 3D-Drucken von Hochtemperaturthermoplasten, am Beispiel von Polyetheretherketon, was angesichts der hohen Schmelztemperatur eine große Herausforderung darstellt. Der letzte Vortag stand im Zeichen faserverstärkter Spritzguss-Bauteile. Philipp Land (Hochschule Osnabrück) stellte dabei ein neues Verfahren vor, bei dem mit Hilfe eines drehenden Kerns die Schmelze im Werkzeug während des Abkühlens geschert und somit eine Faserorientierung in tangentialer Rich­tung bewirkt wird. Ziel ist es, die Faserorientierung gezielt zu beeinflussen, um eine Festig­keitssteigerung in Belastungsrichtung zu erreichen. Smarte Ideen und smart materials – eine gute Kombination, weitere Fortschritte in der Kunststofftechnik zu erzielen.Im Rahmen der Vortragsveranstaltung wurde außerdem von Frau Dr. Veronika Beer  der Förderpreis der Deutschen Kautschuk-Gesellschaft e.V. an Frau Claudia Rießelmann für ihre hervorragende Bachelorarbeit verliehen. Frau Rießelmann hat ihre Bachelorarbeit in der Firma Pöppelmann GmbH bearbeitet. Deshalb nahmen der Geschäftsführer der Fa. Pöppelmann GmbH, Herr Dipl. –Ing. (FH) Torsten Ratzmann, sowie Herr Dipl.-Ing. (FH) Daniel Hannöver, der die Bachelorarbeit in der Firma betreute, an der Preisverleihung teil . Herr Ratzmann und Herr Hannöver sind Absolventen der Hochschule Osnabrück. (s. Foto).Das Interesse an dieser Veranstaltung war wieder sehr hoch. Die mehr als 120 Teilnehmer zeigten sich sehr zufrieden mit der Auswahl der Themen und der Qualität der Vorträge. Ebenfalls sehr positiv wurden der äußere Rahmen und die gute Atmosphäre wahr­ge­nom­men, zu der nicht zuletzt die gute Bewirtung während der Vortragspausen beigetragen hat.Mit der Fachtagung „Fortschritte in der Kunststofftechnik – Theorie und Praxis“ wurde einmal mehr deutlich, dass die Kunststofftechnik über ein enormes Zukunftspotenzial verfügt. Die In­dustrie hat seit Jahren einen überdurchschnittlichen Bedarf an Kunststofftechnik-Inge­nieu­ren, der sich in den kommenden Jahren noch weiter verstärken wird. Die Hochschule Osna­brück leistet seit vielen Jahren einen Beitrag, diesen Bedarf, insbesondere in der Region Os­na­brück, aber auch weit darüber hinaus, zu decken. Wer Interesse hat, „Kunst­stoff­tech­nik“ an der Hochschule Osnabrück zu studieren, kann sich bis zum 15.07.2017 für diesen Stu­diengang mit Bachelorabschluss zum nächsten Wintersemester anmelden. Übrigens, diesen Studiengang bietet die Hoch­schule auch als dualen Studiengang „Kunststofftechnik im Pra­xis­verbund“ an. Darüber hi­naus bietet die Hochschule Osnabrück auch einen Master­stu­dien­gang „Ange­wandte Werk­stoffwissenschaften“ mit einer Vertiefungsrichtung „Poly­mer­werk­stoffe“ an, der für Bachelor­absolventen aus einschlägigen Studiengängen offen ist. Bewer­bungsfrist für das nächste Wintersemester ist auch hier der 15.7.17. Näheres unter www.ecs.hs-osnabrueck.de„.

Bild: HS Osnabrück – Referenten und Organisationsteam der Kunststofftagung

AK
5.7.17